Wir haben Theologie studiert – 4 – Jan Rüggemeier

So vielfältig wie die Beweggründe sind Theologie zu studieren, so vielfältig sind auch die Wege und Ziele, was man damit machen möchte. Wir stellen euch sieben Leute vor. Heute: Jan Rüggemeier

Darum habe ich Theologie studiert:
Zunächst hatte ich mich von mir aus für ein Studium der Wirtschaftsinformatik in Mannheim entschieden. Ohne die Gewissheit der Berufung und die Ermutigung von guten Freunden und Freundinnen, hätte ich den Studienwechsel zur Theologie wohl gar nicht gewagt. Die Gewissheit, das richtige Studienfach gewählt zu haben, hat mich durch alle Höhen und Tiefen, die ein solches Studium bereithalten kann, getragen.

Ich habe hier studiert:
Ich habe in Heidelberg die biblischen Sprachen (Hebräisch, Griechisch) gelernt und das Grundstudium absolviert. Nach einem überaus gewinnbringenden Auslandsjahr an der Universität in Oxford, wo ich in einer ökumenischen Gemeinschaft im C.S. Lewis Haus gewohnt hab und die Vielfalt christlicher Traditionen kennen lernen durfte, bin ich nach Tübingen weitergezogen. Hier habe ich mein 1. Theologisches Examen abgelegt. Das Theologiestudium macht einem den Wechsel zwischen verschiedenen Studienorten super leicht und so kann man im Verlauf der Jahre sehr gut unterschiedliche Frömmigkeitstraditionen, Glaubensüberzeugungen und theologische Schulen kennen lernen.

Das mache ich seither beruflich damit:
Nach meinem Theologiestudium haben sich bei mir Zeiten in der Gemeindearbeit und an der Universität abgewechselt. Die Frage, wie sich die Erkenntnisse der Theologie und der neutestamentlichen Wissenschaft für das heutige Gemeindepfarramt oder auch den Religionsunterricht fruchtbar machen lassen, ist für mich bis heute wichtig geblieben. Als Hochschullehrer für Theologie und das Neue Testament übernehme ich aus meiner Sicht immer auch einen Dienst für die Kirche: ich begleite zukünftige Pfarrerinnen und Pfarrer sowie angehender Religionslehrerinnen und Religionslehrer und bilde sie für die vielfältigen Aufgaben in der Gemeinde und Schule aus.

Diese Träume hatte ich zu Beginn meines Studiums:
Ich bin ziemlich unbedarft ins Theologiestudium gestartet und hatte gar keine genauen Vorstellungen, Erwartungen oder Träume.

Davon sind diese in Erfüllung gegangen …
Auch wenn ich keine ganz konkreten Erwartungen hatte, ist die Grundhoffnung, dass mich das Studium in meinem eigenen Glauben reifen und Gott besser verstehen lässt, in Erfüllung gegangen. Das Studium hat viele neue Fragen aufgeworfen, aber mich nie fragend oder gar ratlos zurückgelassen. Es ist schon ein wirklich großes Privileg, sich über mehrere Jahre ausführlich und intensiv mit Fragen des eigenen Glaubens, der menschlichen Existenz sowie den Tiefen (und manchmal auch Abgründen) der biblischen Texte und ihres historischen Kontextes beschäftigen zu können.

… und diese zerplatzt:
Keine. Aber ich nehme heute wahr, dass die Theologischen Fakultäten unter großem hochschulpolitischen Druck stehen und dass es mittlerweile keine Selbstverständlichkeit mehr ist, an etlichen Standorten Theologie studieren zu können.

Ein Theologiestudium sollte beginnen, wer …
Auch wenn ich selbst eine Berufung zum Studium empfunden habe, ist das kein Muss. Für den Anfang sind Neugier, Entdeckerlust und die Bereitschaft, sich im eigenen Denken hinterfragen zu lassen, auch ganz gute Startvoraussetzungen. Erfahrungen mit der kirchlichen Arbeit und eigene Glaubensüberzeugungen können von Vorteil sein, aber der weite Rahmen einer Universitätsausbildung bietet die Chance, dass sehr unterschiedliche Menschen Theologie studieren können.

Wenn ich nochmal studieren würde, wäre es …
wieder Evangelische Theologie auf Pfarramt.

Ich liebe an meinem Beruf:
Ich selbst bezeichne mich gerne als Hochschullehrer (nicht als Professor), weil in diesem Wort besser zum Ausdruck kommt, was mir besonders wichtig ist: die Lehre und die Begegnung mit Studierenden. Aktuell versuche ich in Forschung und Lehre die Möglichkeiten der Digitalisierung, der Virtual Reality und der KI für das Verständnis neutestamentlicher Texte und der Umwelt der Bibel auszuloten. Ich mag es, auf verschiedenen Ebenen den Spagat zwischen uralten Glaubenszeugnissen und dem Hier und Heute zu wagen.

Folgendes würde ich an meinem Berufsbild ändern, wenn ich könnte:
Ich erlebe es immer wieder als Gewinn, wenn Studierende mitten im Studium für eine Zeit ins Gemeindepraktikum gehen oder ältere Berufswechsler an Seminaren teilnehmen. Meines Erachtens würde es sich lohnen, die Lehre und Forschung an der Universität noch stärker mit verschiedenen Gesellschaftsbereichen zu verknüpfen. Wechselnde Ausbildungsphasen zwischen Praxis und akademischer Reflexion könnten – ähnliche wie vielerorts beim Lehramtsstudium – ein erster Schritt in diese Richtung sein. Ansonsten: Ich übe meinen Traumberuf aus und möchte daran nichts
grundsätzlich ändern.

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